Brandmelder, die nach Hause telefonieren

Begonnen von Kopinski, 30.10.2024, 20:39

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Kopinski

Aus gegebenem Anlass, hier eine Rettung aus dem alten Forum.
Wurde dort unter viewtopic.php@f=32&t=2322.html gehändelt.
Fazit BUNDESVERFASSUNGSGERICHT sieht keine Bedenken bei diesen Spionen, die als Brandmelder daher kommen.

ZitatBUNDESVERFASSUNGSGERICHT hat geschrieben:
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn S-H... [...] gegen [...]
hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts [...] am 8. Dezember 2015 einstimmig beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

G r ü n d e :

1. Der Beschwerdeführer wurde von der Vermieterin (im Folgenden: Klägerin) seiner - in einem Mehrfamilienhaus gelegenen - Wohnung auf Duldung des Einbaus von Rauchwarnmeldern in Anspruch genommen. Er lehnte das von der Klägerin ausgesuchte Gerät ab, weil es nicht lediglich dem Brandschutz diene, sondern mittels Ultraschallsensoren und Infrarottechnologie dazu geeignet sei, Bewegungsprofile von Personen zu erstellen, die sich in der Wohnung aufhielten. Sogar die Aufzeichnung von in der Wohnung geführten Gesprächen sei technisch möglich. Der Beschwerdeführer bot der Klägerin an, auf eigene Kosten ein einfacheres, ohne Funktechnik ausgestattetes Modell in seiner Wohnung zu installieren. Dazu war die Klägerin unter Hinweis auf die Vorzüge des von ihr gewählten Gerätetyps nicht bereit. Das Funksystem diene lediglich dem Zweck, eine Fernwartung sämtlicher im Haus befindlicher Geräte über ein im Hausflur installiertes Steuerungsgerät zu ermöglichen.
[Den Batteriewechsel alle zehn Jahre kann sie jedoch nicht fernsteuern und ansonsten sind die Geräte wartungsfrei.]

Die auf Duldung des Einbaus der von der Klägerin ausgesuchten Geräte gerichtete Klage hatte vor dem Amtsgericht Erfolg. [...] Soweit sich der Beschwerdeführer auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht berufe, habe er nicht dargelegt, wodurch konkret es verletzt sein könnte. Aus dem von ihm während des Berufungsverfahrens in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten ergebe sich lediglich, dass mit krimineller Energie und erheblichem technischen Sachverstand eine Manipulation des Geräts möglich sei. Der Beschwerdeführer habe aber keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgebracht, dass die Klägerin in der Lage und willens sei, entsprechende Maßnahmen auch tatsächlich durchzuführen.
[Analog dazu ist aber die Verführung zum Diebstahl durchaus strafbar, selbst wenn der mögliche Täter noch nicht einmal identifiziert ist.]

2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und von Art. 13 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 GG.

Das Landgericht habe die Tragweite seiner Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung und Unverletzlichkeit der Wohnung grundlegend verkannt. Dies ergebe sich schon daraus, dass die von der Klägerin eingebauten Rauchwarn-melder über weitere Funktionen verfügten, die gesetzlich nicht vorgeschrieben seien. Daher könne der Beschwerdeführer auch nicht zur Duldung ihres Einbaus verpflichtet sein. Die Möglichkeit einer Fernwartung sei zwar für die Klägerin von Nutzen, allerdings zur Bekämpfung der Brandgefahr nicht erforderlich und könne daher auch einen Grundrechtseingriff nicht rechtfertigen. Mit der Forderung nach einer gewissen Erheblichkeit des Eingriffs in das Recht des Beschwerdeführers auf informationelle Selbstbestimmung und einer konkreten Verletzungshandlung habe das Landgericht die Reichweite des Grundrechtsschutzes in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise verengt. Bereits die Möglichkeit der Manipulierbarkeit des Geräts müsse ausreichen, um einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff zu bejahen. Andernfalls würde das Recht eines Mieters auf informationelle Selbstbestimmung unzumutbar beschränkt, weil er dann eine missbräuchliche Umrüstung des Geräts erst beweisen müsste, um ihren Einbau verweigern zu dürfen.

[...] Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg; daher ist ausgeschlossen, dass dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht (vgl. BVerfGE 90, 22 <26>; 96, 245 <250>; 108, 129 <136>; BVerfGK 12, 189 <196>; stRspr).

[...]

Der Beschwerdeführer verkennt bereits im Ausgangspunkt seiner Argumentation, dass er sich im Verhältnis zur Klägerin, einer privatrechtlichen juristischen Person, nicht unmittelbar auf ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung berufen kann. Auch das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) betrifft nicht unmittelbar das Rechtsverhältnis des Mieters zum Wohnungsvermieter oder dem Grundstückseigentümer; für deren Rechtsbeziehungen ist zunächst das bürgerliche Recht, insbesondere das Miet-, Besitz- und Nachbarrecht, maßgebend.
[Grundrechte unterliegen dem Miet-, Besitz- und Nachbarrecht? Das macht die Grundrechte wertlos!]

[...] Auch der Sache nach legt er nicht die nach den Umständen des Einzelfalls relevanten Gesichtspunkte dar, sondern beruft sich letztlich nur auf die Möglichkeit einer Manipulation des Geräts und den damit verbundenen negativen Folgen für ihn und andere Personen, die sich in der Wohnung aufhalten. Im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung müssten aber auch die von der Klägerin dargestellten Vorzüge berücksichtigt werden, die mit einer Fernwartung nicht nur für sie, sondern auch für die Mieter verbunden sind.
[Ein Einzelfall wäre für das BVerfG ohnehin nicht relevant, sondern gerade nur die Anwendbarkeit auf die Allgemeinheit!
Die Vorzüge für den Vermieter (und nur für diesen!) sind minimal im Verhältnis zur Einschränkung für den Mieter!] [...]

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Quelle: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2015/12/rk20151208_1bvr292115.html

Es geht vermutlich um die Geräte der Firma Techem, die auch aktuell bei Vonovia eingebaut werden.
Vielleicht: Sie haben noch modifiziert und können jetze App.

Welche Gegenmaßnahmen sind denkbar, sollte wer so ein Gerät eingepflanzt bekommen?

Bit

Zitat von: Kopinski am 30.10.2024, 20:39Gegenmaßnahmen sind denkbar

Juristisch recht schwierig. Da würde mich mal interessieren, wenn sich jemand mit einem optimistischen Anwalt beraten hat, was dessen Ideen waren.
Ich hatte einen ähnlichen Fall mit meinem Vermieter, allerdings ohne Kenntnis von anderen Sensoren als der Raucherkennung (ist auch nicht Techem). Nur bin ich dann nicht bis zum BVerfG gegangen. Man kommt da schwer gegen an.

Es ist auch nicht zu verstehen, weshalb man mit selbst gekauften, installierten und gewarteten Geräten, die Massen-Überhilfe nicht ausstechen kann.

Wohlgemerkt: nach der hiesigen Bauverordnung ist keineswegs festgelegt, wer für die Rauchmelder verantwortlich ist, der Mieter oder der Vermieter.

Technisch denke ich zumindest im geschilderten Fall an die Möglichkeit, praktischer Behinderung der Zusatzfunktionen.
Man kann alles tun, was das Gerät nicht verletzt, die Rauchmeldung nicht verhindert und das RFID nicht abschirmt. Die Geräte haben keinen aktiven Sender, das gäbe die Energiequelle nicht über zehn Jahre lang her.

Also kann man sie optisch (inklusive Infrarot) und akustisch (inklusive Ultraschall) mit Schutzvorrichtungen stören, solange die NFC-Kommunikation nicht behindert wird.
Die gibt es ja auch für die Heizwertsammler an den Heizkörpern (soweit ich weiß, auch Techem).
Solange das Nutzsignal durchkommt, kann das Gerät ansonsten blind und taub sein, das ist ein zulässiger Gebrauch der Wohnung.

Da können wir ja nun über technische Raffinessen nachdenken.  ;D

clooney

Mir gefällt das alles gar nicht.  :(
Keine Termine. Und leicht Einen sitzen.